Von der Zahl zum Zählen -
die Entzauberung der Zahl im Altertum

 
Im 6. Jhdt. v. Chr. schufen die mathematikoi, die "sich strebend bemühende" Bruderschaft der Pythagoreer, jene Grundlage, auf der die Beschäftigung mit der Zahl im jüdisch-christlich-islamischen Bereich aufbaut.
Die Pyghagoreer untersuchten, welche Gegensätze das Weltgeschehen bestimmen. Man fand zehn Kategorien.
Zehn galt als vollkommenste Zahl, die "allumfassende, allbegrenzende Mutter". Sie ist die Summe der ersten vier ganzen Zahlen: 1+2+3+4.
In der Zehn ist die Fünf zweimal enthalten. Die Fünf vereint die Zwei als erste gerade und die Drei als Anfang der ungeraden Zahlen.
Die Pythagoreer führten auch den Begriff der "vollkommenen" Zahl in die Mathematik ein, das sind Zahlen, deren Divisoren addiert das Doppelte der Zahl selbst ergeben. Die erste vollkommene Zahl ist die Sechs (1+2+3+6):2, die zweite 28. Bis heute kennt man etwa 30 solcher Zahlen, die sämtliche gerade Zahlen sind. Die bislang größte ist 130.100-stellig.

In Indien hatte man ein Zählsystem mit den 28 Fingergliedern entwickelt. Solche Zählverfahren waren auch bei den Azteken, den Chinesen, Indochinesen, Indern, Persern, Türken, Arabern, den koptischen Christen Ägyptens und bei den romanischen Völkern in Gebrauch.
Ein anderes Zählverfahren bediente sich der Zahl Zwölf, die an einer Hand dargestellt werden konnte.
Bei einer Variante des Zählens wurden die Zahlen 1 bis 12 mit einer Hand und die Zahlen 1 bis 60 mit beiden Händen gebildet.
In China gab es auch ein System, bei dem jedes Fingergelenk in drei Teile unterteilt wurde. Jeder Finger entsprach neun Einheiten.
Mit Hilfe der Finger konnten unsere Vorfahren aber nicht nur zählen, sondern auch addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren.

Ein Beispiel:
Möchte man 7 mit 8 multiplizieren, streckt man die Finger der ersten Hand und schließt so viele, wie die darzustellende Zahl über 5 liegt, in unserem Fall zwei. Mit der anderen Hand drückt man die zweite Zahl in derselben Weise aus, man knickt drei Finger. Die Summe der geschlossenen Finger multipliziert man mit
10 = (2+3) x 10 und addiert die Summe zur Multiplikationssumme der gestreckten Finger der beiden Hände:
7 x 8 = (2+3) x l0 + 3 x 2 = 50 + 6 = 56.
Spuren solcher Rechnungsarten finden sich noch heute in einigen Ländern.