Das
Göllweib und der Wetterbock
Vor
langer, langer Zeit waren hoch über Gasteig unter den Steilabstürzen
des Hohen Göll noch satte grüne Bergwiesen, auf denen Kühe und
Ziegen ein saftiges Futter fanden. Fromme Sennleute verbrachten den
Sommer über viele Jahre auf dem Göllanger, so nannte man die Alm.
Sie beteten jeden Tag für ein gutes Wetter und um Gesundheit für
Mensch und Vieh. Feen und gute Berggeister unterstützten die fleißigen
Almleute bei ihrer harten Arbeit und verschonten sie vor Unwetter.
Hirten, Jäger und Bergsteiger kehrten gerne bei der Göllalm ein,
um sich bei frischer Milch, Butter und Käse zu starken.
Das
friedliche Almleben hatte ein Ende, als ein zänkisches, böses Weib
die Alm bewohnte. Sie war grausam zum Vieh und boshaft zu den Leuten,
die zur Alm wollten. |
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In Gasteig und im Kuchler Tal
munkelte man, sie sei mit dem Teufel im Bunde, der in Gestalt eines großen,
wilden Geißbockes sein Unwesen trieb. Schwarze lange Zotten, rot glühende
Augen und mit einem höllischen Gestank. So sollte er sich mit seinen
schweren Hufen auf alles, was sich der Alm näherte, gestürzt haben. Alle
mieden nun diese Gegend. Fremde, die sich verirrten, wussten Fürchterliches
zu erzählen, wenn sie bei der Alm Schutz suchen wollten. Schwer
zugerichtet von dem höllischen Vieh, das höhnische Gelächter der Göllhexe
im Ohr und verschreckt bis in alle Glieder, schleppten sich die Unglücklichen
ins Tal.
Eines Tages verirrten sich zwei Kinder beim Beerenpflücken in
diese berüchtigte Gegend. Es wurde schon dämmrig. Verzweifelt suchten
sie nach einem Weg ins Tal und kamen dabei der Alm immer naher. Die zwei
beschlossen bei der Hütte nach dem Weg zu fragen und öffneten das
schwere Almgatter. Aufgeschreckt durch das laute Knarren des Gatters
sprang der höllische Geißbock auf und hetzte mit wilden Sprüngen auf
die ahnungslosen Kinder zu. Zu müde und starr vor Schreck waren die
Kinder nicht mehr in der Lage vor dem Untier zu flüchten. Ein einziger
gewaltiger Stoß mit dem mächtigen Gehörn des schrecklichen Tiers schleuderte die Kinder über den Zaun auf den steinigen Boden. Über und
über zerschunden lagen die beiden am Boden und hörten noch das
unheimliche Gelächter des bösen Weibes. Sie trauten sich weder zu weinen
noch um Hilfe rufen, da der Bock mit Hufschlägen die Erde erbeben ließ.
Aus Maul und Nase stieß er Schwefeldampf und Funken spritzten aus seinen
grässlichen Augen. Ein mutiger Jäger fand die Kinder und brachte sie ins
Tal.
Gute Feen und Berggeister um den Göll beschlossen dem teuflischen
Treiben am Göllanger ein Ende zu bereiten. Sie brauten ein fürchterliches
Gewitter zusammen. Die Blitze trieben sich in die Felsritzen und mächtige
Bergstürze krachten über die einst grünen Wiesen, dazu schneite und
hagelte es drei Tage lang. Schnee und Eislawinen begruben die Alm unter
sich und bis heute konnten diese Eismassen noch nicht wegschmelzen. Beim
Aufkommen des Gewitters erkannte das Göllweib ihre Sündhaftigkeit und
wollte noch betend um Hilfe flehen. Doch zu spät, Weib und Rock wurden zu
Stein in die Wände des Gölls verbannt. Beide müssen auch heute noch den
Kuchlern das Wetter anzeigen. Bei aufkommendem Schlechtwetter färben sich
der Bock in der Wetterbockwand, wie auch das rechts unterhalb kniende
Göllweib, ganz schwarz . Die einst schöne Gegend heißt seit dieser Zeit "Wilder
Freithof" da alles von der Göllangeralm unter Fels und Eis begraben
liegt.
© 2002 Brandauer Anton
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