Das heute gültige Rechensystem

 
Unser jetziges Zahlensystem verdanken wir den Arabern, die es von den Indern übernommen hatten.
Etwa im 5.Jhdt. n.Chr. kamen in Indien das arithmetische System und das Dezimalsystem in ihrer heutigen Form mit den Zahlen von Null bis Neun auf. Im Jahr 829 veröffentlichte der Gelehrte Muhammed ibn Musa al-Khwarizmi (780-850) in Bagdad eine Abhandlung zur Algebra, in der er dieses Dezimalsystem anwendete. Der aus der Auvergne (Frankreich) stammende Mönch Gerbert von Aurillac machte sich mit den "arabischen Zahlen" während einer Reise nach Cordoue (Spanien) vertraut. Nachdem er im April des Jahres 999 zum Papst Silvester 11. geweiht worden war, konnte er allmählich diese Symbole verbreiten. Aber in Europa kam die arabische Wissenschaft erst 1202 durch das Werk Liber Abaci von Leonardo Fibonacci, genannt Leonardo von Pisa, an die Öffentlichkeit. Mit der Erfindung des Buchdruckes wurde das Rechnen mit den zehn Ziffern endgültig festgelegt.

Domschule zu Speyer (983) In den beiden letzten von 8 Schuljahren   .... 5 Rechenarten, etwas Geometrie, ... Unterrichtsfächer: Ökonomische Erfordernisse  --- Rechnen wurde mit Hilfe der Fingersprache, mit Stäbchen und Steinen unterrichtet.
Selbst in den Klöstern findet man nur eine geringe Wertschätzung der Mathematik. Klösterliche Mathematik umfaßte kirchliche Arithmetik, die hauptsächlich zur Berechnung des Datums des Osterfestes gebraucht wurde.

Italien ist dem Norden weit voraus. Für den süddeutschen Kaufmann ist vom 14. Jhdt. an Venedig die Hohe Schule. Kehrt der junge Kaufmann in seine Heimat zurück, so bringt er all die neuen Dinge in italienischer Sprache mit Konto(-korrent) für die "(Iaufende)Rechnung", Skonto, Giro "Kreisel" für den unbaren Kreislauf des Geldes, Saldo "vollständig" für den Rechnungsabschluß, Bilanz, Ultimo,Spesen für den Aufwand, Valuta für "Wert', besonders für den einer fremden Währung, franco für "kostenfrei ...... Vor allem aber bringt der junge Kaufmann die Stellenschrift mit und ihre lebendige Anwendung auf die Aufgaben, die er tagtäglich zu lösen hat: die vier Grundverfahren Zuzählen, Abziehen, Vielfachen und Teilen, ferner die "welsche Praktik", die Gesellschafts- und die Münzrechnung.

Der Geldwechsler hinter seiner Wechsel'bank'
Holzschnitt von Hans Weiditz, Augsburg, 16. Jahrhundert.

Die schnellere Entwicklung der Mathematik während der Renaissance beruhte nicht nur auf der "Rechenhaftigkeit" der Kaufmannsklasse, sondern auch auf der ausgiebigen Verwendung und weiteren Vervollkommnung von Maschinen. Sie führten zur theoretischen Mechanik und zum wissenschaftlichen Studium der Bewegung und der Veränderung überhaupt.

Adam Ries (1492 - 1559)
Sein Hauptverdienst ist es, die damals sich zunehmender Hochschätzung erfreuende Rechenkunst unters Volk gebracht zu haben. Im Mittelalter war das weltabgewandte Quadrivium (Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musik) nur einer schmalen Elite zugänglich.

Mathematische Leistungen des Adam Ries:
Veröffentlichungen sind in deutscher Sprache geschrieben.
Er macht die Leser sowohl mit der bisherigen Rechenweise (Brettrechnen, Rechnen auf der Linie) als auch mit der neuen und leistungsfähigeren Rechenweise der "Algorithmiker' (schriftliches Rechnen mit arabischen Ziffern und Stellenwertschreibweise) vertraut.
Das angewandte Rechnen steht im Vordergrund: Aufgaben zu Kauf und Verkauf, zu Geldtausch, zur Münzprägung, zur Erbteilung, zum Mischen,... Der gemeine Mann soll sich vor Betrug schützen können.

Galileio Galilei (1 564 - 1 642) forderte, "das Buch der Natur mit Hilfe der Mathematik zu lesen". Seine Entdeckungen auf dem Gebiete der Mechanik machten zur Gewißheit, daß dem Naturgeschehen Gesetze zugrunde liegen und daß das menschliche Denken sie zu erforschen vermag.
Keine Autorität, auch nicht die ehrwürdigste, vermag über Wahrheit oder Irrtum zu entscheiden, sondern allein die Feststellung der Tatsachen. Dazu aber gibt es nur einen Weg, den der Erfahrung.
Eine weltliche, auf Tatsachenforschung, Denken, Vernunft und Wissenschaft sich gründende Kultur begann sich von der alten, durch göttliche Offenbarung und Glauben bestimmten loszuringen.